Vom Glück in der Küche

„Geliebte Köchin“ von Tran Anh Hung

von Renate Wagner

Geliebte Köchin
La Passion de Dodin Bouffant - Frankreich 2024

Regie: Tran Anh Hung
Mit: Juliette Binoche, Benoît Magimel u.a.
 
Liebe geht durch den Magen, sagt ein altes Sprichwort, aber Eugenie wird von ihrem Arbeitgeber Dodin nicht nur deshalb geliebt, weil sie seine Rezepte so phantastisch umzusetzen mag. Der Film des Regisseurs Tran Anh Hung („Der Duft der grünen Papaya“) hebt das Kochen tatsächlich auf die höchste Ebene der Kunst.
 
Gleich zu Beginn darf man eine gute halbe Stunde bei nichts anderem zusehen als dem Zubereiten einer aufwendigen Mahlzeit – und das gerät so spannend wie ein Krimi. Man erliegt dem Kochen geradezu angesichts der Andacht und Ehrfurcht der Präsentation, man möchte mitformen, mitriechen, mitschmecken, wenn je die Hohe Schule dieser Tätigkeit beschworen wurde, dann hier…
Natürlich ist es nicht nur die Geschichte der Zutaten, des Fleisches, der Gemüse, der Obstsorten, von Fett und Milch, Zucker und Mehl… natürlich ist es auch eine Menschengeschichte. Wobei man von Monsieur Dodin wenig mehr erfährt als sein Streben nach kulinarischer Vollkommenheit. Offenbar betreibt er kein Restaurant, sondern läßt nur für sich und eine Schar erlesener, der Würde seiner Mahlzeiten werten Freunde kochen. Daß je einer einen Franc dafür hinlegte, kommt wohl gar nicht in Frage. Ein reicher Mann in einer französischen Provinzstadt des 19. Jahrhunderts lebt seiner Leidenschaft.
Und er hat, seit zwei Jahrzehnten schon, Eugenie in seiner Küche und, wenn sie gnädig ist, in seinem Bett. Eine nähere Beziehung wünscht sie nicht. Sie betreibt das Kochen mit einer Intensität, die von totaler Hingabe an die Sache, aber auch von völliger Befriedigung an diese Arbeit erzählt. Sie ist in ihrer Küche glücklich. Und sie ist keine Bedienstete, sondern wird hoch geschätzt.
 
Ein Film, in dem zweieinviertel Stunden lang gekocht wird. Viel an äußerer Handlung passiert nicht. Gelegentlich sucht man Nachwuchs. Nach und nach hat Monsieur Dodin Glück mit seiner beharrlichen Anbetung Eugenies. Gut, sie wird ihn heiraten. Dann passiert das Unglück, ein verzweifelter Mann kehrt erst ins Leben zurück, als ein Lichtschein am Horizont erscheint – vielleicht gibt es irgendwo doch noch eine andere Frau, die nach seinen idealen Vorstellungen kochen könnte. Damit endet dieses kulinarische, melancholische Märchen, in das man sich verliebt hat.
Natürlich nicht nur der mitreißenden Kochszenen wegen, sondern wegen der beiden Protagonisten. Tatsächlich waren Juliette Binoche und Benoît Magimel vor langer Zeit auch im Privatleben ein Paar. Hier finden sie sich auf der Leinwand wieder, mit einem Verständnis für einander, wie man es selten erlebt. Nicht nur Eugenie und Dodin, auch Juliette und Benoit sind vollkommen miteinander verbunden.
 
Der aus Vietnam stammende, mittlerweile französische Regisseur will gar nicht mehr erzählen. Die Umwelt ist sympathisch, bleibt aber am Rande. Es gibt keine störenden Elemente, nirgends wird Kritik geübt an reichen Bürgern, die sich den Luxus ihrer kulinarischen Exzesse leisten können. Es gibt um Kunst, es geht um etwas Hohes. Wer ein bißchen Sinn für das Thema hat und wer große Schauspieler erkennt und bewundert, der ist hier richtig.